Interview mit Žiga Fišer: “China ist ein sehr wichtiges Land für uns”

Žiga Fišer ist Leiter der strategischen Entwicklung des Hafens von Koper. Sein Unternehmen ist zuständig für sämtliche Verwaltungsaufgaben des Hafens und durch ein Abkommen mit der Republik Slowenien auch dessen einziger Investor, was in der Hinsicht einzigartig in Europa ist. Fišer berichtet von den großen Plänen, die seinem Hafen in den kommenden Jahren bevorstehen.

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Das große Schwinden

Wenn’s dann unlustig wird

Es summt, es brummt, es summt, es … Stille. Die Insekten verschwinden fast unbemerkt, aber doch stetig. Nach einer 2019 veröffentlichten Studie des Entomologen Prof. Dr. Johannes Gepp ist das Insektensterben kaum mehr aufzuhalten. Als Schuldige werden oft die Landwirte genannt. Die Landwirtschaftskammer Steiermark stimmt dem aber nicht vollkommen zu. 

Eine Autofahrt quer durch Österreich zeigt es am einfachsten und doch am deutlichsten – wo noch vor wenigen Jahrzehnten alle 100 Kilometer gehalten werden musste, da vor lauter Insekten auf der Windschutzscheibe keine Sicht mehr zu gewährleisten war, kann der Autofahrer heute beruhigt weiter fahren. Die Windschutzscheibe bleibt fast leer. Was den einen freut offenbart doch ein viel größeres Problem. Das Insektensterben ist zwar mittlerweile jedem ein Begriff, doch kümmert es eher wenige. Ein Experte in diesem Gebiet, Professor Johannes Gepp, Entomologe und Leiter für Naturschutz und Landschaftsökologie in Graz, spricht jedoch klar seine Bedenken aus. In einer 2019 veröffentlichten Studie stellt er fest, dass 40% der Insektenarten in Österreich, das sind ca. 16.000 Arten, in unterschiedlichen Ausmaßen gefährdet sind. Die rund 40.000 Insektenarten, die in Österreich ansässig sind machen immerhin mehr als die Hälfte der gesamten Artenvielfalt in Österreich aus. „Die erste Hauptursache dafür ist, dass es bei einer intensiv betriebenen Agrarkultur keinen Lebensraum mehr für die Tiere gibt”, sagt Gepp.  Weitere Gründe für das Insektensterben sind für ihn die Nutzung von Pestiziden und der Klimawandel. Zwei der drei Faktoren betreffen direkt die steirische Landwirtschaft. 

 

 

Oberste Priorität: Bestäubung

„So richtig können wir das Insektensterben nicht bestätigen, wir sind ja kein wissenschaftliches Institut. Für uns ist nur wichtig, die Bestäubungsleistung zu gewährleisten”, sagt Arno Mayer, Abteilungsleiter von der Abteilung Pflanzenbau der Landwirtschaftskammer Steiermark, auf die Frage, wie diese Behörde zum Insektensterben steht. Auch wenn somit weniger die Insekten in der Aufmerksamkeit der Landwirtschaftskammer stehen, sondern die Erträge auf den Feldern, werden Forschungen mit den besonders wetterresistenten Hummeln durchgeführt um die Bestäubung zu garantieren. Landwirte können sich ebenfalls während der Blüte Bienen- und Hummelstöcke mieten, um sich eine reiche Ernte zu sichern. Auch selber können die Landwirte zum Imker werden: „Wer mit der Imkerei beginnen möchte, kann bereits bei wenigen Bienenstöcken und der Ausbildung Förderungen beantragen”, erzählt Mayer.

Um den Monokulturen und der damit einhergehenden Gefährdung der Bodenqualität entgegenzuwirken, hat sich das Ministerium mit weiteren Förderungen auseinandergesetzt: Werden insbesondere nach der Getreideernte, Zwischenfrüchte bwz. Blühflächen gepflanzt, wird das finanziell vom Amt gefördert. Bis zu 200 Euro pro Hektar veranschlagt die Landwirtschaftskammer wenn verschiedene Pflanzen  mit hoher Biodiversität zur Begrünung gewählt werden. Auf diese Programme erhielten wir zunächst von den Imkern, dann von den Jägern und dann auch von der Bevölkerung sehr positive Rückmeldungen. Wir bekommen immer wieder Anrufe wegen der neuen Blühflächen. Das hat mich sehr überrascht und gefreut!”, so Mayer.

 

Gefährdet sind nicht nur die Bienen

Das Thema Bestäubung und die Förderung der Bienen ist der Landwirtschaftskammer demnach ein großes Anliegen. Bienen sind wichtig, doch ist es nicht nur diese eine Insektenart, die vom Aussterben bedroht ist: 40% der gesamten Insektenpopulation gelten laut Gepps Studie mittlerweile als gefährdet. Trotzdem ist der Begriff des Insektensterbens in seinen Augen nicht vollkommen richtig vielmehr kommt es zu einer Verschiebung innerhalb der Arten. Die Nützlinge, also vor allem die Bestäuber und natürlichen Bekämpfer der Schädlinge, sterben aus und die natürlichen Gegenspieler können sich immer mehr ausbreiten. Vor allem am Beispiel der Libellenpopulation ist deutlich zu erkennen, wie ernst die Lage ist: „Bei den Libellen sind 67% gefährdet, das heißt ca. zwei Drittel der gesamten Population sind vom Aussterben bedroht”, warnt Gepp. Auch rund die Hälfte der Heuschrecken und Zikaden sind in Gefahr. 

 

Gefährdungsgrad der gesamten Insektenpopulation

Quelle: Gepp, J. (2019)

Gefährdungsgrad der Libellenpopulation

Quelle: Raab, R., Chovanec, A. & Pennerstorfer, J. (2006)

Gefährdungsgrad der Heuschreckenpopulation

Quelle: Berg, H.-M., Bieringer, G., Zechner, L. (2005)

Gefährdungsgrad der Zikadenpopulation

Quelle: Holzinger, W. E. (2009)

 

Das große Wandern

Diese Gefahr ist vor allem durch den überproportionalen Einsatz von Insektiziden allgegenwärtig. Ob diese gespritzt werden, entscheiden die Landwirte in der Regel selbst. Es kommt aber vor, dass, wenn die Abteilung A-10 Land- und Forstwirtschaft des Landes Steiermark eine zu große Anzahl von Schädlingslarven feststellt,  Empfehlungen oder Verpflichtungen zum Spritzen ausgesprochen werden, um eine Ausbreitung zu verhindern. Diese Gifte wehen dann auch auf angrenzende Felder und kontaminieren somit eine viel größere Fläche als zunächst angenommen. Laut Mayer haben Fälle aus der Vergangenheit gezeigt, dass importierte oder durch den Klimawandel eingewanderte Schädlinge hier beste Bedingungen vorfinden. Das bestätigt auch Gepp: Durch die Erwärmung ziehen die im Süden ansässigen Insekten immer weiter Richtung Norden und suchen sich neue Lebensräume in höheren Lagen. Dabei werden aber die dort vorkommenden Arten wiederum verdrängt. Schädlinge aus dem Süden finden in nördlichen Gebieten bessere Bedingungen vor und längere Sommer ermöglichen mehr Generationszyklen und somit eine stärkere Ausbreitung. Nützlinge, die dem Klimawandel und der Verdrängung nicht standhalten, sterben also aus und zurück bleiben ihre Gegenspieler, die immer resistenter werden. Das ist auch der Grund, weswegen sich Arno Mayer nicht sicher ist, ob in der Landwirtschaft jemals auf den Einsatz von Insektiziden verzichtet werden kann: „Wenn aus verschiedenen Gründen Insekten wegfallen, nehmen andere diese Nischen ein und vermehren sich explosionsartig. Die haben dann keinen Gegenspieler und es dauert 10, 20 Jahre bis sich das Gleichgewicht wieder eingefunden hat,” sagt Mayer. Doch durch diese Einstellung, werden auch die Nützlinge weiter durch die Insektizide sterben.

 

Klimawandel bedroht alles

Der Begriff Klimawandel ist für einige bereits das Unwort des Jahres. Viele große Industrieländer der Welt erkennen diesen aber gar nicht an oder sind bei der Ergreifung von Maßnahmen gegen diese Gefahr zu zögerlich. Doch stellt der Klimawandel die größte Bedrohung in der jetzigen Zeit dar. In diesem Punkt sind sich sowohl der Entomologe als auch der Vertreter der Landwirtschaftskammer einig. „Wir wissen schon lange, dass wir die Auswirkungen des Klimawandels nicht mehr im Griff haben und was jetzt noch dazukommt und uns auch schön langsam bewusst wird, ist das Insektensterben“, sagt Gepp. Ökologen zufolge nimmt das Insektensterben gleiche Dimensionen wie der Klimawandel an. „Der Klimawandel wird uns in Zukunft mehr Extremsituationen, wie Starkregen oder Dauerhitze bringen”, bestätigt auch Arno Mayer. Doch machen ihm diese Prognosen weniger Angst wegen der Insekten an sich, sondern aufgrund ihrer eigentlichen ökologischen Funktion. Für ihn steht die bedrohte Bestäubung im Vordergrund: „Wenn durch Trockenphasen Schädlinge mehrere Generationen entwickeln können, können wir irgendwann nicht mehr eingreifen und somit ist die gesamte Lebensmittelversorgung in Gefahr. Das wird dann unlustig.”

 

Blühfläche in der Südsteiermark – Foto: Russold

 

Wie die Insekten den Weinberg verließen

Landwirte haben es nicht leicht, kaum ein Wirtschaftszweig ist so sehr von äußeren Umständen abhängig wie der Agrarsektor. In der Steiermark sorgen neben den Erzeugern des berühmten Kürbiskernöls vor allem die Weinbauern immer wieder für Entsetzen, wenn sie wieder einmal Ernteausfälle melden müssen. Doch Probleme verursachen nicht nur ungünstige Wetterkapriolen, sie können schon bei den kleinsten Tieren anfangen, die sich rund um Feld und Garten tummeln.

Das wahrscheinlich bekannteste Prinzip des Ackerbaus ist das „von den Bienen und den Blumen”: Insekten, wie etwa Bienen oder Hummeln, fliegen auf der Suche nach Nahrung zwischen blühenden Pflanzen hin und her und helfen dadurch bei der Bestäubung. Das ist zwar bei einigen Pflanzenarten, wie unter anderem Weinstöcken, nicht unbedingt notwendig, zeigt aber gut, wie wichtig die kleinsten Tiere in einem fein aufeinander abgestimmten Ökosystem sind.

Doch genau diese feine Abstimmung ist seit Jahren ernsthaft bedroht. In Österreich gelten derzeit etwa 40% der Insektenarten als gefährdet, dass sind in Summe etwa 16.000. Darunter sind viele liebgewonnene Hingucker wie verschiedene Schmetterlinge, aber auch viele Nützlinge wie Bienen oder Hummeln. Von dieser Dramatik ist an der Südsteirischen Weinstraße nicht viel zu spüren. Die Gegend wird gerne vorgezeigt, wenn es um regionalen Tourismus, Brettljause und eben den namensgebenden Wein geht. Doch zwischen den scheinbar so idyllischen Weinbergen ist auch nicht alles eitel Sonnenschein, auch hier haben sich in den letzten Jahren einige Veränderungen bemerkbar gemacht.

 

Bio oder Umweltschutz

Winzer Leopold Cramer vom Weingut Albert beobachtet den Tier- und Landschaftsschutz im Weinbau ganz genau. Seiner Meinung nach hat sich mit der jüngeren, nachkommenden Generation an Weinbauern und neuen Ausbildungsmethoden auf dem Gebiet viel getan. „Wir spritzen nicht einfach, weil man das immer so gemacht hat. Stattdessen überlegen wir, ob es wirklich notwendig ist, so viel und so oft zu spritzen“, sagt Cramer. Das Thema Umweltschutz liege ihm am Herzen, meint er und erzählt von den verschieden Tierarten, Insekten, Salamandern und kleinen Säugetieren die sich in Weingärten herumtreiben. Eine besondere Herausforderung für Winzer in der Südoststeiermark ist dagegen die Amerikanische Rebzikade. Dieser Schädling ist vor einigen Jahren aufgrund von veränderter Klimaverhältnisse vom wärmeren Süden nach Österreich gekommen. Sie überträgt die Reben-Krankheit Goldgelbe Vergilbung der Rebe, die enorme Schäden an Weinstöcken verursachen kann. Cramer erklärt über seine Methode zur Abwehr der Zikade, er würde nach Vorschrift Insektengift spritzen. Normal reiche es aber, die Brennnesseln, auf denen die Zikade von Natur aus lebt, nicht wegzumähen und ihren Lebensraum zu zerstören. Dadurch müssen seiner Einschätzung nach die Zikaden nicht auf die Rebstöcke ausweichen.

 

Quelle: Land Steiermark, Agrar-Server

 

Spritzen muss er in Ausnahmefällen, weil er keinen biologischen Weinbau betreibt. Diesen sieht er allerdings durchaus auch kritisch: „Ich versuche Umweltschutz zu betreiben. Ein Konsument, der Bio kauft, glaubt, er betreibt Umweltschutz. Aber bei den Normen die dem Gesetz nach Bio ausmachen, da ist nicht der Umweltschutz im Vordergrund sondern andere Dinge.“ Cramer meint, es handele sich großteils um einen Marketinggag und nicht um echtes ökologisches Interesse. „Es gibt im biologischen Weinbau auch Pflanzenschutzmittel, die sind alles andere als umweltschonend, die sind massiv umweltgiftig“, sagt er. Konkret meint er damit den Einsatz von Phosphor zum Düngen und von Kupfer zum Pflanzenschutz. Vor allem letzteres kann nachhaltig schaden, vor allem wenn es sich in Gewässern ausbreitet. 

Auch der Winzer Hannes Sabathi ist von ausschließlichem Bioweinbau nicht völlig überzeugt. Weinbauern, die auf Bio setzen, müssen Spritzmittel öfter ausbringen, was unter anderem zu einem höheren Dieselverbrauch (für Nutzfahrzeuge) führt. Er greift mit herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln ein und spritzt ,,so viel wie nötig, so wenig wie möglich’.’ Er selbst setzt auf die Zertifizierung nach den Regeln von Nachhaltig Austria, einem Programm der österreichischen Weinwirtschaft. Das Gütesiegel soll für sparsamen Umgang mit Wasser, Energie, chemischen Düngemitteln und effizienten Einsatz von Maschinen, sowie faire Arbeitsbedingungen und nachhaltig wirtschaftliches Handeln stehen.

 

Bio auf dem Vormarsch

 

Der Biologische Weinbau ist in Österreich allerdings auf dem Vormarsch. Die Gesamtfläche der Biobetriebe ist seit dem Jahr 2000 deutlich angewachsen und der Trend wurde kaum je unterbrochen. Diese Kurve zeigt, dass das Konzept Bio immer mehr Anhänger gewinnt, auch wenn manche die Methoden kritisch sehen. Willi Sattler ist überzeugter Biowinzer aus Gamlitz. Wie alle Winzer mit dem Biolabel ist er zum Beispiel von der gesetzlichen Pflicht, mit Insektiziden gegen die Rebzikade vorzugehen, befreit. Seine Hauptwaffe für den Pflanzenschutz ist das von Cramer kritisierte Kupfer. Das Metall wirkt im Boden als natürliches Gift, das Schädlinge bekämpfen soll. Kritiker meinen jedoch, dass auch Nützlinge wie Regenwürmer davon betroffen wären. Ein Vorwurf den Sattler energisch beiseite wischt. „Wir arbeiten heutzutage mit Hydroxiden, das sind sehr feine Formulierungen. Es gab eine Taskforce dazu, die den Einfluss von Kupfer auf den Boden überprüft hat und selbst bei tausendfacher Konzentration wurden keine Schäden ausgemacht. Es hängt vielmehr von der gesamten Bodengesundheit ab”, sagt er. Der Gesetzgeber sieht den Einsatz allerdings ebenfalls kritisch, erlaubt bleibt er hauptsächlich aus Mangel an Alternativen. Laut EU-Verordnung ist ein Einsatz von sechs Kilogramm Kupfer pro Hektar pro Jahr erlaubt. Österreich zieht den Rahmen jedoch noch enger und gestattet drei Kilo.

Bei einem anderen Punkt pflichtet Sattler dem Kollegen jedoch bei. Das übermäßige Mähen auf den Weinbergen würde zweifellos Lebensraum für alle möglichen Tiere zerstören. Für die Zukunft wünscht er sich allerdings wissenschaftspolitische Lösungen, um solche Streitfragen zu klären. „Meiner Meinung nach müssten diese Substanzen von universitären Einrichtungen geprüft werden, die völlig frei von Sponsorengeldern sind. Ich halte es für bedenklich, wenn universitäre Einrichtungen vom Unternehmen direkt gefördert und gesponsert werden. Das ist natürlich ganz klar, dass es da Erwartungshaltungen gibt, wenn Millionen fließen.“ Er habe aber durchaus eine Idee wie man dieses System verbessern könnte. „Meiner Meinung nach kann das nur funktionieren, wenn der Staat die Einnahmen lukriert und diese Gelder vom Staat der Forschung zur Verfügung gestellt werden und der Staat die Aufgabe im Sinne der Konsumenten überträgt.“

 

Oder doch der Rasenmäher

Manuel Sommer vom Weingut Muster ist integrierter Winzer. Aufgrund der heutzutage strengeren Umweltbestimmungen gibt es den konventionellen Weinbau offiziell nicht mehr. Beim integrierten Weinbau dürfen alle gesetzlich zugelassenen Pestizide verwendet werden, es soll jedoch auch Rücksicht auf Gesundheit und Umwelt genommen werden. „Wir spritzen eigentlich gar keine Insektizide, das brauchen wir nicht“, sagt Sommer dementsprechend. „Es gibt nur jahreszeitlich bedingt Verordnungen, was wir spritzen müssen“, erklärt er. Auch er hat Probleme mit der Amerikanischen Rebzikade und muss hier zum Gift greifen. Von Cramers Methode, viele Pflanzen in der Nähe von Rebstöcken stehen zu lassen, hält er außerdem nichts.  „Das ist ein bisschen ein Zwiespalt, wenn er die stehen lässt, dann vermehren sich die Schädlinge dort und dann gibt es ja mehr. Aus meiner Sicht ist es gescheiter, dass rundherum keine Wildnis mit Brennnesseln, Dornen im Weingarten ist“, sagt er dazu. Er selber mäht deshalb fünf- bis sechsmal pro Jahr zwischen seinen Rebstöcken.

Eine abschließende Antwort auf die Frage, wie man den Verlust nützlicher Insektenarten eindämmen kann, liefern diese Regelungen jedoch auch nicht. Die verschiedenen Methoden im Weinbau, von integrierten über nachhaltige bis hin zu Biowinzern, versuchen zwar das Problem bewusst anzugehen, über die richtige Methode herrscht allerdings Uneinigkeit. Biospritzmittel wie Kupfer und Schwefel sollen herkömmliche, schädliche Pflanzenschutzmittel ersetzen, jedoch sind die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Mittel nicht abschließend geklärt. Die Winzer können die Insekten natürlich nicht alleine retten, könnten letztendlich aber als Vorbild für andere Landwirtschaftsformen dienen.

 

Eine Zusammenarbeit von Fabian Prettner, Katharina Russold, Constanze Seidl, Jasmin Spreer und Julian Strassegger

Skypen statt Kuscheln

Tausende rumänische Kinder wachsen aufgrund von Arbeitsmigration ohne beide Elternteile auf. Viele kennen ihre Eltern von Fotos und Bildschirmen, haben aber vergessen, wie es sich anfühlt, von Mama und Papa umarmt zu werden. Skypen statt Kuscheln weiterlesen

Mindestsicherung: Wer sie 2016 in der Steiermark bezogen hat

Sie ist vielfach in den Medien, dieser Tage oft ein Schlagwort in politischen Debatten, und nicht jeder weiß, wer sie eigentlich wofür bekommt: die „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“. Wo und für wen die Beihilfe in der Steiermark 2016 ausgeschüttet worden ist – ein Round-up.

Mehr als jeder zweite Bezieher der Mindestsicherung in der Steiermark lebt in der Landeshauptstadt Graz. 10.109 BezieherInnen waren es im Dezember 2016, das entspricht 53,99 Prozent. Weitere 8.614 Steirerinnen und Steirer aus den Bezirken beziehen ebenfalls die sogenannte „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“, kurz BMS.

 

Kinderlose Paare 60+ als größte Beziehergruppe in der Stadt

Vier Prozent der Bevölkerung in der Stadt Graz beziehen die „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“. Die meisten BMS-Bezieher gehören zur Gruppe „Paare ohne Kinder über 60/65“ (2.183 BezieherInnen), die zweitgrößte Gruppe sind Paare mit vier oder mehr Kindern. Diese beiden Beziehergruppen machen mehr als ein Drittel aller BMS-Bezieher in Graz aus.

 

Jeder vierte Bezieher in Bezirken ist Senior

In den Bezirken (Stadt Graz nicht mitgezählt) bezieht knapp ein Prozent der Bevölkerung – das sind rund 8.000 Menschen – Mindestsicherung. Auch hier sind es zumeist Senioren („Paare ohne Kinder über 60/65“), die die BMS beziehen; jeder vierte Bezieher fällt in diese Gruppe. In zweiter Linie wird die staatliche Unterstützung an Alleinerziehende mit einem Kind ausbezahlt, und zwar an rund 1.000 Steirerinnen und Steirer, die allein ein Kind großziehen.

 

Weniger als 100 BMS-Bezieher in Murau

Die meisten Mindestsicherungsbezieher außerhalb von Graz kommen aus den Bezirken Bruck-Mürzzuschlag, Leoben, Leibnitz und Murtal. In diesen Bezirken machen die BMS-BezieherInnen auch den größten Anteil an der Gesamtbevölkerung des jeweiligen Bezirks. Die wenigsten BezieherInnen – sowohl in absoluten Zahlen als auch nach Anteil an der Bezirksbevölkerung – gibt es in den Bezirken Deutschlandsberg, Weiz und Murau, wo die Anzahl der BezieherInnen überhaupt unter 100 liegt (entspricht 0,3 Prozent der Bevölkerung im Bezirk Murau).

 

Leistung der öffentlichen Hand

„Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) ist eine Leistung der öffentlichen Hand zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes sowie zur Hilfe bei Krankheit bzw. Schwangerschaft und Entbindung“, heißt es auf der Website der Landesstatistik Steiermark. Sicherung von Lebensunterhalt und Wohnbedarf, das heißt, BezieherInnen der Mindestsicherung bekommen einen monatlichen Geldbetrag, der Essen, Miete und Betriebskosten, Hausrat, Kleidung und Körperpflege sowie andere persönliche Bedürfnisse abdecken sollen. Wenn die Wohnkosten höher sind als der dafür vorgesehenen Anteil der Mindestsicherung und die Landeswohnförderung, gibt es ergänzende Hilfeleistungen bis zu einem festgelegten Höchstbetrag. BMS-BezieherInnen sind außerdem über die gesetzliche Krankenversicherung pflichtversichert.

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Anspruch nehmen können grundsätzlich Österreichische Staatsbürger sowie in gewissen Fällen andere Menschen, die zum dauernden Aufenthalt berechtigt sind (das sind laut HELP.gv.at EU-/EWR-BürgerInnen, die zum Arbeiten hierher gezogen und seit mindestens fünf Jahren in Österreich sind; andere Drittstaatenangehörige, die rechtmäßig seit fünf Jahren hier leben; und anerkannte Flüchtlinge). Nicht zu verwechseln ist die Mindestsicherung mit der Grundversorgung für Asylwerber.

„Bin ich viele?“, „Geht’s mir gut?“, „Wer unterstützt mich?“ – Antworten auf diese Fragen bietet die WEB-APP des Projekts „Steirische Vielfalt visualisiert“, die Daten zur Diversität in der Steiermark visuell darstellt und zugänglich macht. Realisiert wurde das Projekt vom Land Steiermark in Kooperation mit FH JOANNEUM und TU Graz.

 


Daten
Landesstatistik Steiermark: Mindestsicherungsbezieher im Dezember 2016 (PDF)
OpenStreetMap Contributors: Geodaten (via Tableau)

Fakten
Landesstatistik Steiermark: Bedarfsorientierte Mindestsicherung BMS (HTML)
Land Steiermark: Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung im Detail (HTML)
HELP.gv.at: Bedarfsorientierte Mindestsicherung: Ausländische Staatsbürger (HTML)

Die Löhne, die Autos und der Wohlstand

In Graz und den Umlandbezirken der Stadt wird mehr verdient als in den Randbezirken. Gleichzeitig gibt es in den „ärmsten“ Bezirken der Steiermark die meisten Autos, und das, obwohl eine hohe KFZ-Dichte oft als Wohlstandsmerkmal erachtet wird. Viele Autos, wenig Kohle. Woher kommt das?

Nicht überall in der Steiermark verdient man gleich viel. In den Bezirken rund um die Grazer Landeshauptstadt liegt der durchschnittliche Bruttojahresverdienst deutlich über 30.000 Euro, am meisten verdient man durchschnittlich im Grazer Speckgürtel, dem Bezirk Graz-Umgebung. Dort ist das Durchschnittsgehalt pro Jahr mit rund 34.000 Euro über 4.000 Euro höher als in der Hauptstadt.

Deutlich weniger verdient man in den steirischen Randbezirken – in Liezen und Murau im Westen sowie in den Bezirken Weiz, Hartberg-Fürstenfeld, Südoststeiermark und Leibnitz im Süden und Osten liegen die durchschnittlichen Jahresgehälter überall unter 30.000.

 

Wenig Kohle, viele Autos

Just in diesen „ärmeren“ Regionen der Steiermark, besonders im Süden und Osten, ist ein Trend zu beobachten, der international eigentlich als Wohlstandszeichen gewertet wird: eine hohe KFZ-Dichte. Diese Zahl bezeichnet, wie viele Personen- und Kombinationskraftwagen auf 1.000 Einwohner kommen, und ist in der Steiermark generell nicht niedrig. Mit Ausnahme der Bezirke Murtal, Leoben, Bruck-Mürzzuschlag und Graz-Stadt (dort kommt überhaupt in etwa ein Auto auf zwei Bewohner), liegt die KFZ-Dichte in der gesamten Steiermark zumindest bei 900 Autos auf 1.000 Einwohner oder knapp darunter.

Besonders viele Autos gibt es allerdings südlich und östlich von Graz: In Deutschlandsberg, Leibnitz und Weiz sind es zwischen 950 und 1.000 Autos pro 1.000 Einwohner. Und in Hartberg-Fürstenfeld und der Südoststeiermark gibt es sogar schon mehr KFZ als Einwohner (Dichte: 1.027 bzw. 1.015 KFZ).

 

Stadt-Land-Unterschied

Die meisten Autos in den ärmsten Bezirken: Wie passen niedriger Durchschnittslohn und das „Wohlstandszeichen“ hohe KZF-Dichte zusammen? „Regionale Unterschiede (besonders zwischen dem ländlichen und städtischen Bereich) [können] in wohlhabenden Staaten wie Österreich durchaus andere Hintergründe haben“, erklärt die Landesstatistik Steiermark. Dazu zählen die Altersstruktur in betroffenen Gebieten, die Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln, die vorhandenen Parkmöglichkeiten und -kosten, Länge der Wege usw.

Am Fall der südöstlichen Steiermark wird dieser Stadt-Land-Unterschied gut ersichtlich: Mit Ausnahme der Stadt Feldbach gibt es in den Bezirken Hartberg-Fürstenfeld und Südoststeiermark keine Gemeinde mit mehr als 10.000 Einwohnern (in Feldbach sind es rund 13.000), die Bezirke bestehen vorwiegend aus kleinen Gemeinden mit maximal einigen tausend Einwohnern.

 

Viele Pendler aus Süden und Osten

Hinzu kommt, dass in den Bezirken im Süden und Osten besonders viele Menschen pendeln. Die Südoststeiermark liegt bei sogenannten Gemeinde-Auspendlern – also Menschen, die in einer anderen Gemeinde als ihrer Heimatgemeinde – arbeiten nach dem Bezirk Graz-Umgebung an zweiter Stelle, Hartberg-Fürstenfeld an vierter.

Wirft man einen Blick nur auf die Bezirks-Auspendler, also Menschen, die ihre Arbeitsstelle in einem anderen als dem Heimatbezirk haben, so zeigt sich ein ähnliches Bild: Angeführt wird die Statistik wenig überraschend von Graz und Graz-Umgebung, da zwischen diesen beiden Bezirken viel gependelt wird (so ist beispielsweise auch ein Seiersberger, der in der Stadt Graz arbeitet, ein Bezirks-Auspendler). Dahinter folgen aber ausnahmslos Bezirke im Süden und Osten der Steiermark, wohingegen es im Westen weit weniger Bezirks-Auspendler gibt.

 

Fazit

In den Randbezirken im Westen, Süden und Osten verdienen die Menschen durchschnittlich weniger als rund um die Stadt Graz und in der Mittel- und Obersteiermark. Trotzdem gibt es dort, wo die Menschen im Steiermark-Vergleich besonders wenig verdienen, besonders viele Autos – ein Umstand, der international oft als Wohlstandszeichen gewertet wird, im Fall der südöstlichen Steiermark aber kein ausgesprochenes Zeichen dafür ist. Erklären lässt sich dieses Symptom vielmehr durch die vielen kleinen Gemeinden und das Fehlen großer städtischer Zentren, vor allem aber durch die Pendleranzahl, die im Süden und Osten der Steiermark sehr hoch ist.

„Bin ich viele?“, „Geht’s mir gut?“, „Wer unterstützt mich?“ – Antworten auf diese Fragen bietet die WEB-APP des Projekts „Steirische Vielfalt visualisiert“, die Daten zur Diversität in der Steiermark visuell darstellt und zugänglich macht. Realisiert wurde das Projekt vom Land Steiermark in Kooperation mit FH JOANNEUM und TU Graz.

 


Daten
Landesstatistik Steiermark:
Regionale Einkommensstatistiken unselbständig Beschäftigter 2015 (PDF);
Kraftfahrzeugbestand (Jahresende) insgesamt (PDF);
Kraftfahrzeugdichte (Jahresende) insgesamt (PDF);
Steiermark – Bezirke: Auspendler lt. Registerzählung 2011 (PDF);
Steirische Gemeindedaten für den Finanzausgleich 2016 (Gebietsstand 2015) (XLS)
OpenStreetMap Contributors:
Geodaten (via Tableau)